Inspiration: Wie man Umfragen nicht gestalten sollte

Neulich haben wir für unser Büro grossformatige Bilder bestellt.
Der Prozess dafür war klar und einfach, die Lieferung kam prompt.
Nachdem wir sie ausgepackt hatten, waren wir echt begeistert davon, wie gut sie geworden waren, die lebendigen Farben und die professionelle Umsetzung.
Kurzum: wir waren sehr zufrieden und hätten das auch gerne mitgeteilt.

Daher hat es mich auch gefreut, dass kurz darauf ein Mail mit einer Umfrage des Anbieters kam.
Allerdings wurde die Freude bald getrübt als ich sah, wie eine gute Idee eher schlecht umgesetzt war.

Daher will ich hier im Beitrag näher darauf eingehen, was alles schlecht laufen kann, auch wenn man es gut meint.

Mein erster Eindruck war das Mail. Es war mit persönlicher Ansprache gehalten und hatte das genaue Produkt erwähnt, das war schon mal ein guter Einstieg. Das ist auch sehr wichtig, denn ich soll ja auf einen Link klicken und es nicht gleich löschen oder ignorieren.

Problem 1 - Kernbotschaft nicht sichtbar

Leider wurde der Link auf die Meinungsumfrage auf ein Bild - offenbar ein Button - gesetzt.
Da die meisten Mailclients Bilder von unbekannten Absendern automatisch ausblenden, sieht das dann so aus.

Auf manchen Clients sind die Bilder sogar ohne Platzhalter.
Die Wahrscheinlichkeit, dass trotzdem jemand den Link findet, sinkt damit schon einmal deutlich.

Meine Empfehlung hier: Gestalten Sie Ihre Einladung so, dass auch ein Empfänger ohne Bilder sie versteht und die Aussagen entnehmen kann.

Diejenigen, die Bilder zulassen oder trotzdem klicken, gelangen dann zur Umfrage und sehen die erste Seite mit Fragen.

Viele Fragen. Viele Auswahlmöglichkeiten.
Der gezeigte Ausschnitt entspricht etwa einem Drittel der Seitenlänge:

Problem 2 - Zu viele Fragen

Wie man unschwer erkennen kann, werden sehr viele Fragen gestellt.
Die befragte Person muss nach unten scrollen, um weitere Antworten zu sehen und dann zum "Weiter" Button zu kommen.

Ich muss nicht extra erwähnen, dass die Zahl der Abbrecher hier sehr hoch liegen dürfte.
Als Fortschritt werden oben 38% angezeigt, so dass ich annehmen kann, dass noch mindestens  zwei weitere ähnliche Seiten folgen werden. Das ist deutlich mehr Zeitaufwand, als viele Kunden zu investieren bereit sind.
Somit werden die Ergebnisse verfälscht - entweder antworten nur die ganz zufriedenen, oder die unzufriedenen. Auf alle Fälle jedoch nur ein sehr kleiner Teil.

Meine Empfehlung: Gleich am Anfang mitteilen, wie lange das Ausfüllen typischerweise dauert.
Selbstredend sollte das ein realistischer Wert sein, sonst ist der Kunde genervt wenn es länger dauert.

Lesson learned

Teilen Sie die Fragen in mehrere, aber kurze Seiten ein. So ist sichergestellt, dass auch Abbrecher zumindest die erste Seite beantwortet und abgesendet haben.

Am Anfang sollten sich daher die Kernfragen befinden.  Auch wenn die Versuchung gross ist, zunächst einmal das Kauferlebnis noch einmal in Erinnerung zu rufen - fallen Sie mit der Tür ins Haus und fragen gleich zu Beginn «Wie war's»?

Problem 3 - Es geht nicht nur um meine Erfahrung

Ich habe mich, schon aus beruflicher Neugier, durch die weitere Umfrage geklickt.
Es kamen dann tatsächlich noch zwei weitere Seiten, allerdings mit weniger Feldern als erwartet.
Die Fragen darauf waren jedoch nicht mehr auf meine Erfahrung beim letzten Kauf ausgerichtet, sondern auf meine weiteren Einkäufe. So wurde ich gefragt, wann ich das nächste Mal bestellen wolle und was das dann sein würde - ich konnte weitere Produkte aus dem Sortiment wählen.  

Ab diesem Moment wird die Umfrage zu einem Marketing- und Promotion-Instrument. Das bleibt nicht unerkannt - Kunden riechen diesen Braten meilenweit und fühlen sich ausgenutzt.

Meine Empfehlung: Widerstehen Sie der Versuchung, nach irgendetwas anderes als Kundenerfahrung in einer Kundenerfahrungs-Umfrage zu fragen. Kunden spüren, wenn Sie andere Motive haben.

Fazit: Wir werden wieder bei diesem Anbieter bestellen. Vielleicht ist dann ja das Qualitätsmanagement im Marketing so gut wie in der Produktion, und die Umfrage besser gestaltet :-)

Michael Wagner
agentur BLAUOHR GmbH
Zürich - Stuttgart